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Erschienen in: Ausgabe #2 vom Januar 2004


von Sylvia Ehl

Bachelor und Master in Leipzig - ein Kommentar

Während der letzten Tage wurde in vielerlei Form kritisch über Bologna, Ba/Ma und Europäisierung des Hochschulraums diskutiert. Fazit war zumeist, dass eine Studienreform sinnvoll und notwendig erscheint, die zwangsweise und unabwendbare Einführung von Ba/Ma aber offenbar Gefahren birgt und Veränderungen mit sich bringt, die nicht zu einer generellen Verbesserung des Studiensystems führen. So ist auch die Forderung nach Beibehaltung der alten Studienabschlüsse (Magister und Diplom) in den Forderungskatalog der streikenden Studierendenschaft aufgenommen und auf der Vollversammlung am 14.01. bestätigt worden.


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auch in Leipzig kommt der Bachelor


Zum Verständnis der Verbissenheit der Debatte sei hier noch mal festgehalten: Ba/Ma kommen auf jeden Fall, daran wird kein Weg vorbeiführen. In der momentanen Situation bieten sich aber vielleicht noch Möglichkeiten, durch eine verantwortungsbewusste Ausgestaltung die Negativentwicklung abzuwenden.Was wird sich (nach jetzigem Stand der Entwicklung) mit der Einführung von Ba/Ma in Leipzig ändern?


Durch die Modularisierung, also die Schaffung von Lehr- und Lerneinheiten, bestehend aus 2-3 Veranstaltungen, kommt es automatisch zu einer Verschulung: die Wahlmöglichkeiten bei der bisher sehr freien Ausgestaltung des Studiums werden stark eingeschränkt, die Reihenfolge der Lehrinhalte wird fortan vorgegeben sein.
In vielen Fächern werden Hausarbeiten als Scheinerwerbsleistungen den leichter kontrollierbaren Klausuren weichen müssen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die meisten Fächer einen Bachelor entwickeln, der stärker am Diplom als am Magister orientiert ist, d.h. es gibt nur ein Kernfach, das evtl. mit einer beschränkten Auswahl von Lehrimporten aus anderen Fächern ergänzt werden kann/muss. Die Möglichkeit des jetzigen Magisterstudiums, 2-3 Fächer frei zu kombinieren, wird wegfallen.
Die Konsequenzen für das Lehramtsstudium sind noch völlig unklar. Der Wegfall der bisher weit verbreiteten Fächerkombinationen für den Bachelor verlangen eine Sonderregelung für die Lehrämter. Werden dort keine Veränderungen vorgenommen, wird es aber zu noch stärkeren Problemen im Studienalltag kommen, da das Lehrangebot dann noch mehr unterschiedlichen Anforderungen genügen muss.
Die Beschränkung der Studiendauer auf 3 Jahre verspricht eine Straffung des Studiums, führt aber auch zu einer Schmälerung oder Vereinfachung der Studieninhalte. Das vertiefende Studium einzelner Bereiche wird nur noch schwer möglich sein. Und ob innerhalb von 3 Jahren die Vermittlung der relevanten Inhalte auf wissenschaftlichem Niveau wirklich möglich sein wird, ist fraglich.
Ungeklärt ist bisher, wie die Selektion des Masterstudiums aussehen wird, also welche Bachelor-Absolventen für das Masterstudium zugelassen werden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und ob das Masterstudium als Zweitstudium (somit kostenpflichtig) gelten wird.


Zu der besseren internationalen Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen wird es nicht kommen. Das sogenannte Bachelorstudium ist schon heute in fast jedem europäischen Land und selbst innerhalb Deutschlands anders, Fächerkombination, Studiendauer oder Masterzugang betreffend. Die einheitliche Benennung schafft also eine völlig falsche Gleichstellung.

Diese Punkte stellen nur eine Auswahl dar, verdeutlichen aber vielleicht den Diskussionsbedarf und die Notwendigkeit der Kritik an vielen bisherigen Modellen. Die nächsten Monate versprechen neue Impulse in der Entwicklung, ob zum guten oder zum schlechten wird sich zeigen. Es gilt abschließend zu hoffen und zu fordern, dass auch die politisch Verantwortlichen sich intensiver an der Diskussion beteiligen.