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Erschienen in: Ausgabe #4 vom März 2005


von Tim Tepper

Odysee 2009 - Das Jahr der Eröffnung

Wir schreiben den 2. Dezember 2009. Die neu erbaute Aula der Universität Leipzig ist bis auf den letzten Platz besetzt. An den Wänden leuchten die Banner der Sponsoren der Universität und über dem Podium ist das Motto der heutigen Veranstaltung zu lesen: „Aus Tradition Grenzen überschreiten – 600 Jahre Alma Mater Lipsiensis. Eröffnungsfeier des neuen Campus Augustusplatz.“ Mit dem Läuten der Glocke aus der gesprengten Kirche St. Pauli beginnt der Festakt. Durch den langen Mittelgang schreitet das Rektorat, der Akademische Senat und ausgewählte Gäste – darunter der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen – zu den Plätzen an den Seiten des Podiums.


Nach der Darbietung eines Musikstückes ergreift der Ministerpräsident das Wort. Er referiert über die große landesgeschichtliche Rolle der Leipziger Hochschule und die wirtschaftliche Bedeutung von Wissenschaft und Innovation für die Zukunft des Freistaates. „Diese Universität ist auf dem Weg zu einem der wichtigsten Standortfaktoren Sachsens und ganz Mitteldeutschlands. Die enge Verbindung mit den Bedürfnissen der Wirtschaft hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht“, so der Regierungschef. Dies konnte nicht zuletzt durch die kontinuierliche Unterstützung der Staatsregierung erreicht werden, was sich hier in Leipzig durch die Realisierung des ambitionierten Umbauvorhabens des Campus Augustusplatz äußert. Der Ministerpräsident weiter: „Die sächsische Staatsregierung hat Wort gehalten. Trotz der gesetzlichen Änderungen im Hochschulbau und der angespannten Haushaltslage haben wir die im Jahr 2004 zugesagte Summe von 120 Mio Euro für das Bauvorhaben bereitgestellt.“


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2009 - die totale Eröffnung (und wo ist nochmal das Leibniz-Denkmal?)


Anschließend spricht die Rektorin der Universität Leipzig. Sie umreißt noch einmal den schwierigen Verlauf, der den Umbau kennzeichnete. Aus einem Wettbewerb im Jahr 2002 ging der Entwurf des Architekturbüros behet&bondzio als Sieger hervor. Doch emotional geführte Diskussionen in der Öffentlichkeit um das Gedenken an die 1968 gesprengte Paulinerkirche führten zur Auslobung eines Qualifizierungsverfahrens zum ehemaligen Standort der Kirche am Augustusplatz, an dem nun die Aula der Universität errichtet werden sollte. Im März 2004 wurde dann nach dem zweiten Wettbewerb („Qualifizierungsverfahren zum Bereich ehemaliger Standort Paulinerkirche zur Neubebauung mit einer Aula/Kirche“) der Entwurf von Egeraat für diesen Bereich ausgewählt. Im gleichen Jahr begann man dann mit den ersten beiden Bauabschnitten – dem Neubau der Mensa und der Sanierung des Hörsaalgebäudes. Dem schloss sich als dritter Bauabschnitt die Errichtung des Fakultätsgebäudes der Wirtschaftswissenschaften an der Grimmaischen Straße an, gefolgt vom Bau der Aula und des neuen Audimax und der Umgestaltung des ehemaligen Hauptgebäudes der Universität zu einer modernen Fakultät Mathematik/Informatik. Schließlich wurde mit der Sanierung des Seminargebäudes begonnen, die leider noch nicht abgeschlossen wurde. Die Rektorin unterstreicht weiterhin die Schwierigkeiten, die die Universität in den letzten Jahren bewältigen musste: „Wir haben neben der baulichen Umgestaltung auch noch gravierende Veränderungen im Hochschulsystem – ich erwähne die Einführung der neuen Studienabschlüsse und von Studiengebühren – meistern müssen.“


Als dritte RednerIn betritt eine Sprecherin des StudentInnenRates die Bühne (Eine vom StuRa kurzfristig geplante Aktion konnte aufgrund mangelnder Beteiligung nicht durchgeführt werden). Auch sie beginnt mit einem Rückblick auf die letzten Jahre: „Gerade heute ist aber auch der richtige Anlass, um sich noch einmal an den Januar 2003 zu erinnern. Der damalige Rektor Prof. Bigl trat wegen des Agierens der Staatsregierung bezüglich des Wiederaufbaues der Paulinerkirche zurück.“ Das Ergebnis des Qualifizierungsverfahrens für die Aula bezeichnet sie als den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich Universität und Freistaat unter dem Druck einer Gruppe von Wiederaufbau-Nostalgikern geeinigt hätten. „Die Forderungen der Universität nach einem funktionalen Campus traten damals Anno 2004 leider in den Hintergrund“, so die Sprecherin des StuRa weiter. Die Studierenden mussten sich in den letzten Jahren oft in Geduld üben. Besonders die Sanierung des Hörsaalgebäudes, die 2006 abgeschlossen war, verlangte ihnen viel ab, da für zwei Semester der Lehrbetrieb ausgelagert wurde. Die neue Mensa bezeichnete sie als ein „wirklich gelungenes Bauwerk“, doch müssten sich die Studierenden heute mit den Auswirkungen der Privatisierung des Studentenwerkes beschäftigen: „Wir haben eine neue Mensa, doch viele sehnen sich angesichts der aktuellen Essenspreise nach der alten zurück.“ Die Sprecherin schließt ihre Rede mit den Worten: „Die Studierenden sehen die neuen Gebäude aus der Perspektive der Alltagstauglichkeit. Und da zählt nicht nur die schicke Technik in den sanierten Hörsälen. Der neue Campus - viel Licht, aber auch viel Schatten.“


Wenige Stunden später titelt die lokale Online-Zeitung : „Feierliche Eröffnung der Uni-Aula. Leipzig nun mit weltstädtischem Campus.“ Und im Kommentar wird am Ende zu lesen sein: „Warum müssen die Studenten immer nur kritisieren? Heute ist ein großer Tag für die Universität und die Stadt Leipzig. Das sollte Grund genug sein, sich einfach nur über das Erreichte zu freuen.“