von Tim Tepper
Odysee 2009 - Das Jahr der Eröffnung
Wir schreiben den 2. Dezember 2009. Die neu erbaute Aula der Universität
Leipzig ist bis auf den
letzten Platz besetzt. An den Wänden
leuchten die Banner der Sponsoren der Universität und
über
dem Podium ist das Motto der heutigen Veranstaltung zu lesen: „Aus
Tradition Grenzen überschreiten – 600 Jahre Alma Mater
Lipsiensis. Eröffnungsfeier des
neuen Campus Augustusplatz.“
Mit dem Läuten der Glocke aus der gesprengten Kirche St. Pauli
beginnt der Festakt. Durch den langen Mittelgang schreitet das Rektorat,
der Akademische Senat
und ausgewählte Gäste – darunter
der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen –
zu den
Plätzen an den Seiten des Podiums.
Nach der Darbietung eines Musikstückes ergreift der Ministerpräsident
das
Wort. Er referiert über die große landesgeschichtliche
Rolle der Leipziger Hochschule und die
wirtschaftliche Bedeutung
von Wissenschaft und Innovation für die Zukunft des Freistaates.
„Diese Universität ist auf dem Weg zu einem der wichtigsten
Standortfaktoren Sachsens und
ganz Mitteldeutschlands. Die enge
Verbindung mit den Bedürfnissen der Wirtschaft hat in den letzten
Jahren große Fortschritte gemacht“, so der Regierungschef.
Dies konnte nicht
zuletzt durch die kontinuierliche Unterstützung
der Staatsregierung erreicht werden, was sich hier in
Leipzig durch
die Realisierung des ambitionierten Umbauvorhabens des Campus Augustusplatz
äußert. Der Ministerpräsident weiter: „Die
sächsische Staatsregierung hat Wort
gehalten. Trotz der gesetzlichen
Änderungen im Hochschulbau und der angespannten Haushaltslage
haben wir die im Jahr 2004 zugesagte Summe von 120 Mio Euro für
das Bauvorhaben
bereitgestellt.“
2009 - die
totale Eröffnung (und wo ist nochmal das Leibniz-Denkmal?)
Anschließend spricht die Rektorin der Universität Leipzig.
Sie umreißt noch einmal
den schwierigen Verlauf, der den Umbau
kennzeichnete. Aus einem Wettbewerb im Jahr 2002 ging der Entwurf
des Architekturbüros behet&bondzio als Sieger hervor. Doch
emotional
geführte Diskussionen in der Öffentlichkeit
um das Gedenken an die 1968 gesprengte Paulinerkirche
führten
zur Auslobung eines Qualifizierungsverfahrens zum ehemaligen Standort
der
Kirche am Augustusplatz, an dem nun die Aula der Universität
errichtet werden sollte. Im März
2004 wurde dann nach dem zweiten
Wettbewerb („Qualifizierungsverfahren zum Bereich ehemaliger
Standort Paulinerkirche zur Neubebauung mit einer Aula/Kirche“)
der Entwurf von Egeraat
für diesen Bereich ausgewählt.
Im gleichen Jahr begann man dann mit den ersten beiden
Bauabschnitten
– dem Neubau der Mensa und der Sanierung des Hörsaalgebäudes.
Dem schloss sich als dritter Bauabschnitt die Errichtung des Fakultätsgebäudes
der
Wirtschaftswissenschaften an der Grimmaischen Straße an,
gefolgt vom Bau der Aula und des neuen
Audimax und der Umgestaltung
des ehemaligen Hauptgebäudes der Universität zu einer
modernen Fakultät Mathematik/Informatik. Schließlich
wurde mit der Sanierung des
Seminargebäudes begonnen, die leider
noch nicht abgeschlossen wurde. Die Rektorin unterstreicht
weiterhin
die Schwierigkeiten, die die Universität in den letzten Jahren
bewältigen musste: „Wir haben neben der baulichen Umgestaltung
auch noch gravierende
Veränderungen im Hochschulsystem –
ich erwähne die Einführung der neuen
Studienabschlüsse
und von Studiengebühren – meistern müssen.“
Als dritte RednerIn betritt eine Sprecherin des StudentInnenRates
die Bühne (Eine vom StuRa kurzfristig geplante Aktion konnte
aufgrund mangelnder Beteiligung
nicht durchgeführt werden).
Auch sie beginnt mit einem Rückblick auf die letzten Jahre:
„Gerade heute ist aber auch der richtige Anlass, um sich noch
einmal an den Januar 2003 zu
erinnern. Der damalige Rektor Prof.
Bigl trat wegen des Agierens der Staatsregierung bezüglich
des Wiederaufbaues der Paulinerkirche zurück.“ Das Ergebnis
des
Qualifizierungsverfahrens für die Aula bezeichnet sie als
den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den
sich Universität
und Freistaat unter dem Druck einer Gruppe von Wiederaufbau-Nostalgikern
geeinigt hätten. „Die Forderungen der Universität
nach einem funktionalen Campus
traten damals Anno 2004 leider in
den Hintergrund“, so die Sprecherin des StuRa weiter. Die
Studierenden mussten sich in den letzten Jahren oft in Geduld üben.
Besonders die Sanierung
des Hörsaalgebäudes, die 2006
abgeschlossen war, verlangte ihnen viel ab, da für zwei
Semester
der Lehrbetrieb ausgelagert wurde. Die neue Mensa bezeichnete sie
als ein
„wirklich gelungenes Bauwerk“, doch müssten
sich die Studierenden heute mit den
Auswirkungen der Privatisierung
des Studentenwerkes beschäftigen: „Wir haben eine neue
Mensa, doch viele sehnen sich angesichts der aktuellen Essenspreise
nach der alten
zurück.“ Die Sprecherin schließt
ihre Rede mit den Worten: „Die Studierenden sehen
die neuen
Gebäude aus der Perspektive der Alltagstauglichkeit. Und da
zählt
nicht nur die schicke Technik in den sanierten Hörsälen.
Der neue Campus - viel Licht, aber auch
viel Schatten.“
Wenige Stunden später
titelt die lokale Online-Zeitung : „Feierliche
Eröffnung der Uni-Aula. Leipzig nun mit
weltstädtischem
Campus.“ Und im Kommentar wird am Ende zu lesen sein: „Warum
müssen die Studenten immer nur kritisieren? Heute ist ein großer
Tag für die
Universität und die Stadt Leipzig. Das sollte
Grund genug sein, sich einfach nur über das
Erreichte zu freuen.“