von Sven-Uwe Janietz
Ein Tag an der Freien Universität Berlin
Die Freie Universität Berlin besteht aus einem ausgedehnten
Campus im Stadtteil Steglitz
(oder einem angrenzenden), fernab der
hektischen City. Die Universitätsgebäude befinden sich
inmitten eines Villenviertels, dass von zahlreiche Grünflächen,
Hecken und Alleen
geprägt ist – schwer vorzustellen,
dass ausgerechnet hier das Epizentrum der 68er-Bewegung
gewesen
sein soll. In der Habelschwerdter-Allee finden wir das Institut
für
Philosophie, von außen wirkt das Ganze wie ein nicht
allzu groß geratener zweigeschossiger Bau
in einer Architektur,
die wohl in den frühen 80ern als ziemlich modern gegolten hätte.
Philosophie-Institut der FU Berlin
Wenn man dann näher tritt, stechen die Details ins Auge, zum
Beispiel, dass gut und gerne drei
Viertel der Außenwände
aus Glas bestehen, man quasi überall reingucken kann (außer
in die Dozentenbüros) und auch drinnen nur ein Minimum an Kunstlicht
gebraucht wird,
selbst das Dach wirkt ungewöhnlich, als sei
es aus Zeltbahnen zusammengelegt worden.
Foyer
Wenn man
schließlich im Foyer steht, wird die Freude noch
größer, dort gibt es nämlich Kaffee,
Tee, Schoko-
und Öko-Riegel für ziemlich wenig Geld zur Selbstbedienung
und man
hat darüber hinaus gleich noch die Gelegenheit die
benutzte Tasse in der Institutsküche
abzuwaschen und dabei
unverbindlichen Smalltalk mit Berliner Philosophiestudenten zu führen.
Dort erfährt man zum Beispiel wo die Bibliothek des Institutes
ist, nämlich drei
Türen weiter – Grund genug um
sich gleich mal dorthin zu begeben. Man steht dann direkt einer
riesigen Glaswand gegenüber, vor der sich eine Treppe im Radius
von zehn Metern nach
unten wändelt , es fällt sofort das
kunstvoll verschweißte Treppengeländer auf, dass
in allerlei
Variationen im ganzen Gebäude verteilt ist – erinnert
ein bisschen
an Jugendstil… Nachdem man die halbe Treppe hinab
gestiegen ist quert man eine Tür, die durch
die erwähnte
Glaswand hindurchführt und zwar hinaus in den grünen Garten,
dort führt ein schmaler Steg auf einen bewachsenen Pfad, der
auf eine kleine Anhöhe führt
– die Vögel zwitschern
und die Sonne scheint – auf der Anhöhe steht ein Baum
der Schatten spendet, irgendwo liegen ein paar Studenten rum und
blättern in
Suhrkamp-Büchern. Ist das ein Traum ? Nein
das ist nur der Bibliotheksgarten der FU-Philosophen, alle
Achtung,
die Griechen können es kaum idyllischer gehabt haben. Vom Rasen
aus sieht
man das Gebäude dann von der anderen Seite, sämtliche
Büros, vermutlich die wichtiger
Dozenten, haben ebenfalls riesige
Fenster und zudem verfügt ein jedes über einen kleinen
Balkon zum Garten hinaus, eindeutig: keine schlechten Arbeitsbedingungen.
Zurück in der
Bibliothek, die Sitzmöglichkeiten gruppieren
sich vor dem Riesenfenster, man darf Kaffeetassen mit
sich führen
und es herrscht echte Ruhe. Der Bücherbestand ist enorm, grob
geschätzt, etwa das doppelte der Leipziger Philosophie-Abteilung
– hier ist mit Sicherheit das
ideale Plätzchen um ein
paar Seiten Tugendhat zu lesen.
Abgang zur Philosophiebibliothek
Einige Stunden später: ich habe
mich erneut in den Garten
begeben und finde das Gebäude immer noch äußerst
eindrucksvoll, irgendwie anthroposophisch, auf jeden Fall gelungen.
Es wundert somit auch nicht mehr
sonderlich, dass direkt vom Garten,
durch eine (wie sollte es auch anders sein) überdimensionierte
Glastür in den großen Seminarraum eintreten kann, es
sitzen schon einige
Teilnehmer dort bereit. Zehn Minuten später
ist der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt,
spätestens
jetzt merkt man, dass es hier wohl auch nicht unbeträchtliche
Studentenzahlen gibt – aber OK, die folgende Veranstaltung,
das Hauptseminar
„Gerechtigkeit“ , dürfte ein Publikumsmagnet
sein, nicht zuletzt, weil sie von den beiden
Professoren Peter Bieri
und Holm Tetens geleitet wird. Die beiden treffen pünktlich
„Viertel nach“ ein und das Seminar geht los, Referat,
Diskussion das übliche, diesmal
unterhält man sich über
eine Schrift von Habermas. Die Moderation und Führung übernimmt
hauptsächlich Bieri, der einen ganz leichten Schweizer Akzent
erkennen lässt,
das Niveau ist ziemlich hoch nur die Akustik
lässt zu wünschen übrig. Eineinhalb Stunden
später
strömen die Leute aus dem Seminarraum ins Foyer, fallen über
den
Kaffeestand her und unterhalten sich in kleinen Gruppen über
Prozeduralismus und das letzte
Wochenende.
Mein Eindruck vom Philosophie-Institut der FU Berlin ist
ein durchweg
positiver und wer in den Ferien mal eine Hausarbeit an „fremden
Orten“ verfassen möchte, dem sei zum Berlin-Urlaub und
zum Besuch der FU-Philosophie-Bibliothek
geraten.