Interview mit Frank Dietrich
EiGENSiNN: Was 
hat Sie dazu bewogen Philosophie zu studieren?
DIETRICH: Philosophie habe ich nur im Nebenfach 
studiert. Eigentlich 
              habe ich ein sozialwissenschaftliches Studium absolviert und dann 
              
erst in Philosophie promoviert. Ich habe festgestellt, dass die 
              Themen, die mich in der Soziologie und in 
der Politik am meisten 
              interessiert haben eher sozialphilosophische oder politikphilosophische 
         
     waren, die zwar auch zum Teil von den Soziologen oder den Politikwissenschaftlern 
              behandelt wurden, 
letztlich habe ich aber ein größeres 
              Angebot in der Philosophie gefunden. Das hat mich dann dazu 
bewogen 
              nach dem Diplom noch mal das Fach zu wechseln und ich hatte das 
              Glück, dass 
das in Duisburg möglich war.

Frank Dietrich
EiGENSiNN: Und warum haben Sie Philosophie nur als 
Nebenfach gewählt?
DIETRICH: Wenn ich mich recht erinnere, habe ich mich erst später 
              für Nebenfächer entschlossen. Ich habe mich erst für 
              den integrierten 
Studiengang Sozialwissenschaften in Duisburg als 
              Hauptfach entschieden und habe dann in anderen 
Fächern Seminare 
              und Vorlesungen besucht, in Jura, Ökonomie und Philosophie. 
              
Ich habe dann festgestellt, dass einige Angebote in der Philosophie 
              ganz gut zu meinem 
sozialwissenschaftlichen Studium gepasst haben 
              und letztlich bin ich dann da hängen 
geblieben.
EiGENSiNN: Was war das Thema Ihrer Magisterarbeit?
DIETRICH: 
Kommunitaristische Liberalismuskritik. Auch da hatte 
              ich schon einen politikwissenschaftlichen 
Erstgutachter und mit 
              Hartmut Kliemt einen Zweitgutachter aus der Philosophie, der dann 
              
schließlich auch mein Doktorvater geworden ist.
EiGENSiNN: Was hat Sie dazu bewogen sich 
für den Fachbereich 
              Praktische Philosophie zu entscheiden?
DIETRICH: Dort 
habe ich die größten Überschneidungen 
              mit meinem sozialwissenschaftlichen Interesse 
gefunden.
EiGENSiNN: Wir haben bei unserer Recherche gelesen, dass sie Lehrbeauftragter 
       
       am Internationalen Hochschulinstitut in Zittau sind. Was sind Ihre 
              dortigen Aufgaben?
DIETRICH: Der sozialwissenschaftlichen Studiengang in Zittau, der 
              insgesamt von 40 
Studenten absolviert wird, ist ein BA-Studiengang 
              und wird ausschließlich von osteuropäische 
Studenten, 
              überwiegend aus Polen und Tschechien, absolviert. Unterrichtssprache 
              ist 
Deutsch. Die Studenten, wie bei einem BA-Studiengang üblich, 
              haben ein sehr umfangreiches 
Pflichtprogramm. Dazu zählt unter 
              anderem ein Einführungsseminar in die Politische Philosophie, 
              das ich nun schon zweimal als Blockveranstaltung in Zittau gehalten 
              habe. Da der ganze 
Studiengang aus nur drei Dozenten besteht, die 
              alles komplett bestreiten müssen, sind sie darauf 
angewiesen, 
              dass auswärtige Lehrkräfte Veranstaltungen abhalten. 
EiGENSiNN: Mit welcher Perspektive kann man heute in Deutschland 
              Philosophie studieren? 
DIETRICH:: Ich finde, dass das Argument, die Philosophie sei ein 
              brotloses 
Studium, ernst zu nehmen ist, gerade aus der Sicht der 
              Studierenden. Man sollte sich schon gut 
überlegen, mit welchem 
              Ziel man Philosophie eigentlich studiert. Ich selbst habe auch mein 
        
      Studienfach blauäugig ausgewählt und habe mir erst Gedanken 
              über berufliche 
Perspektiven gemacht, als es schon zu spät 
              war. Das heißt aber nicht, dass sie es nicht besser 
machen 
              können und sich frühzeitig überlegen sollten, wozu 
              sie 
überhaupt Philosophie studieren. Ich vermute, dass die 
              hohen Abbruchzahlen, die wir zu verzeichnen 
haben, auch damit zu 
              tun haben, dass sich viele Studenten irgendwann im Laufe des Studiums 
             
 diese Frage stellen und dann zu dem Schluss kommen, dass sich die 
              ganze Mühe doch nicht so recht 
lohnt, dann sind aber schon 
              mehrere Jahre ins Land gezogen. Idealerweise sollte man sich am 
            
  Anfang seines Studiums damit beschäftigen, aber wie gesagt, 
              ich habe es auch nicht gemacht. 
EiGENSiNN: Wie stehen Sie zu den in Bologna abgesegneten Neuerungen 
              
hinsichtlich BA /MA?
DIETRICH: Grundsätzlich sehe ich BA/MA- Studiengänge 
           
   nicht ganz so kritisch, wie das unter Philosophen üblich und 
              meines Erachtens auch die Stimmung 
hier im Institut ist. Ich finde 
              BA-Studiengänge haben für die Studierenden Vor- und Nachteile. 
              Zum Beispiel denke ich, dass BA-Studiengänge bestimmten Bedürfnissen 
              der 
Studierenden entgegenkommen, die ich immer dann erfahre, wenn 
              ich Veranstaltungen mit einem 
Überblickscharakter anbiete, 
              zum Beispiel „Einführung in die Politische Philosophie“. 
              Gerade am Anfang des Studiums haben die Studierenden ein ganz verständliches 
              
Orientierungsbedürfnis Dieses Bedürfnis wird ganz gut 
              durch BA / MA befriedigt, weil da sehr 
genau festgelegt ist, was 
              zu studieren ist. Wahlkomponenten kommen erst im Laufe des Studiums 
          
    dazu. Aber die Verschulung hat auch ganz deutliche Nachteile, was 
              ich selbst in Düsseldorf erlebt 
habe, als ich dort Soziologie 
              unterrichtet habe. Dort wurde ein BA-Studiengang eingeführt, 
        
      in dem die Studenten in den ersten ein, zwei Jahren quasi im Klassenverband 
              durch das Studium 
geführt wurden. Die entsprechende Lerneinstellung 
              sollte jedem noch aus seiner Gymnasialzeit bekannt 
sein; das ist 
              auch für die Dozenten nicht so fürchterlich angenehm. 
              Der 
Pflichtcharakter führt dazu, dass die Veranstaltungen von 
              vielen Studenten nur mit sehr geringem 
Interesse besucht werden. 
              Eine wichtige Komponente bei BA-Studiengänge ist aber der Praxisbezug, 
  
            also Pflichtpraktika etc., und das ist grundsätzlich auch zu 
              begrüßen; die 
Frage ist hier nur, wie sinnvoll das für 
              philosophische Studiengänge ist.
Das Gespräch führten Ramona Krons und Sarah Jahn
Dr. 
Dietrich ist Assistent am Lehrstuhl für praktische Philosophie an der Uni Leipzig.